Die Winterlinde in Frannach (Münzgraben)

Auf dem Anwesen Grabensiener steht eine wunderschöne Linde, die ihre mächtigen Äste fast schützend über ein Feldkreuz breitet. Das Feldkreuz trägt die Jahreszahl 1791. Leider

weiß heute niemand mehr, warum es aufgestellt wurde. Laut der Häuserliste aus dem Heimatbuch (Von eanda bis heut ́ – Gemeine Pirching a. Trbg. Band II) war der damalige Besitzer vom Grabensiener Mathias Ritter. Stellte er dieses Kreuz auf? Vielleicht. Die Linde wurde in den 1890er Jahren gepflanzt, weil der Vorgängerbaum – eine Fichte – durch einen Blitzschlag zerstört worden war.

Dieses Foto stammt aus den frühen 1920er-Jahren und zeigt u. a. die damaligen Besitzer vom Anwesen Grabensiener vor der jungen Linde.

v.l.n.re.: Maria Kölli, re. hi. ihr Neffe u. Adoptivsohn Karl Kölli, re. neben Baum und Kreuz Anton Kölli und Nichte Amalia (später verh. Hanusch)

Der Berg- und Naturwächter Franz List von der Ortseinsatzstelle Kirchbach wurde 2003 auf diesen Baum aufmerksam. Er stieß sofort auf offene Ohren, als er die Besitzerin Anna Rossmann über die Möglichkeit, den Baum als Naturdenkmal auszuweisen, informierte. Seit dieser Zeit steht die Winderlinde unter Naturschutz. Der Frannacher Kapellenweg führt an diesem Baum vorbei. Wenn es die Witterung oder die Jahreszeit (abgeernteter Acker) erlaubt, kann man die paar Meter übers Feld zur Winterlinde einschlagen. Die Bank, welche vor Jahren von Karl Knörl vlg. Bergschuster gemacht und gespendet wurde, lädt zum Verweilen ein. Und wenn du ganz still, die Augen schließt und eins mit der Umgebung bist, kannst du vielleicht hören,

was die Linde dir erzählt:

Als ich gepflanzt wurde befand sich dieses Stück Land mitten in der großen Donaumonarchie. Kaiser Franz Josef regierte und lenkte die Geschicke des Vielvölkerstaates. Ich war noch klein, als ich vom tragischen Ende der Kaiserin Sissi erzählen hörte. Von Anfang an stand das Kreuz neben mir. Wir waren stets eine Einheit. Als ich im Stande war, etwas Schatten zu spenden, stellte man ein Bankerl zu uns.

Rundherum sah ich die Menschen arbeiten. Schwer arbeiten! Menschen die mit ihren Kühen und Ochsen das Land bestellten. Viele Menschen, die den ganzen Tag am Feld waren. So manch einer oder eine stand hier am Kreuz und betete. Viele rasteten auf dem Bankerl.

Die Felder und Wiesen waren belebt. Rundherum sah ich blühende, artenreiche Wiesen. Viele Vogelarten, viele Frösche…. Es war unglaublich viel los und immer wieder konnte ich mitlauschen, wenn die Menschen meinen Schatten genossen, oder gemeinsam am Feld arbeiteten und sich unterhielten.

Zwei Kriege kamen und manch einer kehrte nicht mehr heim, den ich vorher am Feld gesehen hatte. Ich sah Freud und Leid. Hörte Lachen und Weinen. Oft hallten Geigen- und Harmonikaklänge durch die Nacht und Lachen und Tanzen vernahm ich aus der Ferne. Immer wieder hörte ich Lieder. Das Haus unter mir war voller Lieder. Die Menschen sangen bei der Arbeit und danach. Lieder, immer wieder Lieder………